„Sturm“ am 15.1.90

Am Vormittag des 15. Januars teilten sich die nach Berlin gereisten Abgesandten der Bürgerkomitees in drei Gruppen auf. „Die eine Gruppe ging in die Normannenstraße und erklärte die MfS-Zentrale für besetzt. In Verhandlungen mit der Stasi-Führung wurde durchgesetzt, dass sämtliche Mitarbeiter bis zum Mittag ihre Arbeitsplätze räumen und ein Bürgerkomitee die Kontrolle über den Komplex übernehmen wird“, sagt (der Meininger Pfarrer Martin) Montag.

Tatsächlich aber waren die verwinkelten Bürogebäude bereits verwaist. Die MfS-Führung hatte schon am 12. Januar beschlossen, dass an dem Tag der Kundgebung alle Mitarbeiter bis mittags den Komplex zu verlassen haben.

Der Thüringer Pfarrer Martin Montag stand zu diesem Zeitpunkt mit anderen Angehörigen des Bürgerkomitees und einigen Polizisten hinter dem Tor. „Ich habe die Rufe gehört und die Polizei um einen Lautsprecherwagen gebeten, damit ich den Demonstranten draußen sagen könne, die Stasi-Zentrale sei bereits besetzt und ein Bürgerkomitee kontrolliere den Komplex“, erzählt er. Aber die Lautsprecher waren zu leise. Er und ein anderer Bürgerrechtler seien dann von innen auf das Tor geklettert, um von dort aus mit den Leuten zu reden. „Doch wir hatten keine Chance“, sagt er. „Niemand hörte uns zu.“ Schließlich sei ein Demonstrant übers Tor geklettert, habe die Riegelstange des Tores gelöst, wodurch es von außen aufgedrückt werden konnte. „Dann ergoss sich der Strom aufs Gelände.“

berliner-zeitung.de 12.1.2020

… entdeckten die Sicherungskräfte, dass im Bereich der für Gegenspionage zuständigen Hauptabteilung II, die auch Agenten im Westen führt, insgesamt 20 Büros und ein Aktenspeicher aufgebrochen und durchsucht worden waren. Offenbar wurden auch Aktenordner entwendet. Wer die Eindringlinge waren, ob westliche Geheimdienstler den Trubel nutzten und mit Hilfe von Stasi-Überläufern gezielt vorgingen, ist bis heute ungeklärt.

ebenda

Da könnte man schon fast auf die Idee kommen, daß der „Sturm“ nur deshalb insziniert wurde, um ungehindert bestimmte Akten zu beschaffen. Vielleicht von einem der „Bürgerrechtler“ (denn nur die wußten von der Räumung bis Mittag)?!

Im Haus 18, in dem sich neben Büros der Hausverwaltung die Kantine und das Vorratslager der Küche befanden, tobten sich viele Demonstranten aus. Türen wurden eingetreten, Losungen an die Wände geschmiert, Schreibmaschinen und angeblich auch ein Sessel flogen aus den Fenstern. Was man an Papieren fand, wurde den Treppenhausschacht hinunter oder aus den Fenstern geworfen. Wer es bis ins Vorratslager schaffte, bediente sich an französischem Kognak, norwegischen Räucherlachsfilets und Dosen mit Haifischflossensuppe.

ebenda

Man nennt sie „Demonstranten“, wenn heute so etwas geschieht, spricht man von Terroristen, Links- oder Rechtsradikalen, je nachdem.

PS: es waren dort keine „Zehntausende“, wie von Florian Bauer (15.1.20 Phoenix – „leistet als Ereignis- und Dokumentationskanal von ARD und ZDF einen qualifizierten Beitrag zur politischen Meinungs- und Willensbildung und vermittelt Werte auf Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ phoenix.de) behauptet. Ich war da.