Polen im Dezember ’15

Proteste in mehr als 20 Städten: Tausende Polen demonstrieren gegen ihre Regierung

spiegel.de 19.12.15

Die derzeitige Regierungspartei in Polen PiS erhielt bei den Wahlen zum Sejm 37,6% der abgegebenen Stimmen, bei einer Wahlbeteiligung von 50,92%, also die Stimmen von 19,14% der wahlberechtigten Polen (die ca. 82% der Gesamtbevölkerung ausmachen).
Der Berechnung der Abgeordnetenmandate nach dem D’Hondt-Verfahren ist es zu verdanken, daß PiS mit dieser Anzahl von Stimmen, die absolute Mehrheit im Parlament (+5 Sitze) erlangen konnte.

Die Unverfrorenheit und die Geschwindigkeit, mit der Kaczynski ALLE nur möglichen Positionen mit ihm Getreuen besetzt, die im Eilverfahren herbeigeführten Veränderungen von Gesetzen, um diese Besetzungen zu ermöglichen, führen zu diesen Protesten; aber insbesondere die im Zusammenwirken mit dem neuen polnischen Präsidenten Duda (seit August 2015) in einer Nachtsitzung des Sejm beschlossenen Veränderungen im Gesetz über das Verfassungsgericht*.

* Dies hängt damit zusammen, daß das Verfassungsgericht die Wahlen (innerhalb von 90 Tagen nach der Wahl) noch für ungültig erklären kann. Grund dafür kann sein, daß PiS als vereinigte Rechte in die Wahlen gestartet ist (als Koalition mit den Parteien von Ziobro und Gowin). Für die vereinigte Linke als Parteibündnis war die Überschreitung von 8% erforderlich, um in den Sejm einzuziehen (hatten knapp darunter 7,55%); bei einer Gleichbehandlung mit der vereinigten Rechten wären sie aber im Parlament, was die absolute Mehrheit von PiS beenden würde.

28.12.2015

Heute Vormittag hat der polnische Präsident Duda die (umstrittene) Gesetzesänderung des Gesetzes über das Verfassungsgericht unterschrieben.
Das Gesetz tritt mit Veröffentlichung in Kraft.
Die wesentlichen Punkte sind:

  • Das Verfassungsgericht entscheidet in voller Besetzung, dh. 13 von 15 Richtern (bislang 9 von 15). In der Besetzung mit 7 Richtern werden Verfassungsbeschwerden, rechtliche Fragen der Gerichte sowie Vereinbarkeit von Gesetzen mit internationalen Verträgen entschieden.
  • Die Entscheidungen sind mit 2/3 Mehrheit zu fällen.
  • Disziplinarverfahren gegen einen Richter des Verfassungsgerichts können auch auf Antrag des Staatspräsidenten oder des Justizministers eröffnet werden.
  • Die Entscheidungen werden in der Reihenfolge des Eingangs der Sache beim Verfassungsgericht behandelt.
  • Verhandlungen in voller Besetzung finden frühestens 6 Monate nach Übergabe des Termins der Verhandlung an die Beteiligten statt.
  • tvn24.pl 28.12.15

    Im Verfassungsgericht sind derzeit etwa 300 Verfahren anhängig, wobei 169 bereits Richtern zugewiesen wurden.

    Also muß das Verfassungsgericht alle Verfahren beiseite legen, zu denen Urteile gefällt werden können und mit den ältesten beginnen, bei denen sich die Richter über das Urteil immer noch nicht nicht einigen können.

    Ewa Siedlecka 23.12.2015 wyborcza.pl

    Bedeutet in der Praxis, daß die Verfassungsklagen zu Gesetzen, die demnächst das polnische Parlament verlassen, kaum vor den nächsten Wahlen verhandelt werden. Eines der nächsten dürfte das neue Polizeigesetz sein (das die Rechte der Polizei und Geheimdienste erweitert, wobei aber darüber keine Kontrolle besteht).

    Das Gesetz über die Änderungen im Gesetz über das Verfassungsgericht wurde am 28. Dezember 2015 unter der Position 2217 veröffentlicht.

    Also: ein vom Parlament am 22. Dezember beschlossenes Gesetz tritt am 28 Dezember, nach 6 Tagen, in Kraft. So schnell können Gesetze geschaffen werden.

    Die Verfassung Polens ist somit nur noch Papier (s.o.).

    Das „neue“* Polen und die Europäische Union

    Europäischer Rat: Gipfeltreffen zu Migrationsfragen in Valletta, 11.-12.11.2015

    Der polnische Präsident hat den Termin für die Konstituierung des neuen polnischen Parlaments (Sejm) auf den 12.11.2015 festgelegt (obwohl insgesamt 30 Tage zur Auswahl standen).

    Selbst der ehemalige Premier Polens, Kazimierz Marcinkiewicz (ebenso wie der derzeitige Präsident Polens, Andrzej Duda, von Kaczynskis Gnaden) bezeichnet dieses Vorgehen als „Bösartigkeit, Boshaftigkeit, …“ (tvn24.pl 6.11.2015)

    * nach der Wahl am 25. Oktober 2015

    Tonbandaffäre

    Und erinnerte sich an besondere Fragmente, die Gefängnisse des CIA in Polen betreffend.
    „Die Politiker waren verschreckt, sprachen leise und legten eine gemeinsame Version fest, für den Fall, daß jemand nach den Gefängnissen fragt. Sie befragten sich gegenseitig, ob einer von ihnen irgendwelche Dokumente unterschrieben hätte und ob man diese wiedererlangen könnte. Sie vereinbarten, daß für alle Fälle, also, falls jemand fragen sollte, ob sie sich an irgendwelche Tatsachen aus der damaligen Zeit erinnern, sie von nichts wissen. Sie überlegten, ob und wer irgendwelche Aufzeichnungen in der damaligen Zeit gemacht haben könnte und ob es eine Möglichkeit gibt, zu diesen Dokumente vorzudringen. Sie versuchten sich zu erinnern, mit wem sie gesprochen hatten, wen sie trafen, was damals geschah.“ soll ?ukasz N. gestanden haben.

    tvn24.pl 16. März 2015

    Geplanter Mord

    Das Beispiel von Tupamaros brachte uns auf den Gedanken einer eher unmittelbaren Aktion, einer Kampfaktion. Das wurde realistisch, als es einem der Kollegen aus der Armeegruppe gelang, von einem Dieb eine richtige Pistole zu kaufen.

    Wir planten also die Durchführung eines Anschlags auf einen Milizionär zum Jahrestag des Dezember’70. Die Idee wurde durch uns nur deshalb nicht realisiert, weil die Pistole ohne Munition und das Kaliber untypisch waren. Wir hatten schon einen entsprechenden Ort an der Kreuzung der Straßen Obozwa/M?ynarska ausgesucht, wo eine Patrouille der Miliz lief. Ich sollte den Anschlag ausführen, einen Zettel mit der Information, daß es Rache für die während der Revolution im Dezember ermordeten Arbeiter ist, zurücklassen, und dann die Waffe in ein ausgewähltes Grab auf dem evangelischen Friedhof werfen …

    übersetzt nach Gazeta Wyborcza 02.3.15

    Das Zitat stammt aus dem heute veröffentlichtem Buch „Zwyk?y polski los“* von Bronis?aw Komorowski.

    Bronis?aw Komorowski ist seit 10. April 2010 Präsident der Republik Polen.

    * „Zwyk?y polski los“ – „Ein einfaches polnisches Schicksal“

    CDU finanzierte Vorläufer der polnischen Regierungspartei

    behauptet das ehemalige Mitglied der KLD Pawel Piskorski in der neusten Ausgabe des Wprost:

    Der Kongres Liberalno-Demokratyczny, dessen Führer zu Beginn der 90-er Jahre der derzeitige Premier Donald Tusk war, hat finanzielle Hilfe von den deutschen Christdemokraten angenommen.

    tvn24 28.4.2014

    Ein anderer „Politiker aus der Führung der KLD“, wird dahingehend zitiert, daß

    die CDU, die damals in Deutschland an der Macht war, in den postkommunistischen Ländern Partner zur Zusammenarbeit gesucht hatte. (…) Die CDU vergab nicht rückzahlbar KLD einige hunderttausend Mark. Das war Bargeld, das die Funktionäre der KLD in den Wechselstuben in Warschau in Zloty gewechselt haben. Das Geld ging in den Aufbau der Partei im Jahre 1991.

    Gazeta Wyborcza 27.4.2014

    Projekt Ukraine bzw. DDR 2.0

    Man fragt sich lange Zeit, was in der Ukraine bezweckt wird …

    Das Engagement Polens in der Ukraine erhellt mit der Anwesenheit seines Außenministers (Außenminister Sikorski, immerhin britischer Staatsbürger) in Kiew das weitere Konzept:
    Teilung der Ukraine, Anschluß des Westens der Ukraine an Polen (vorzugsweise) oder an die EU; dabei die Westukraine mit der Ostgrenze Polens von 1772 (bis vor die Tore Kiews) oder wenigstens mit der nach dem 1. Weltkrieg.

    Rechtssprechung

    Vor dem Regionalgericht Lublin-Ost fiel das Urteil in der Sache des heute 32-jährigen Mariusz G., der am 1. Oktober 2006 einen Unfall in Rudka Koz?owiecka bei Lublin herbeiführte. Wie festgestellt wurde, war er betrunken, er hatte 1,8 Promillle, und wurde schwer verletzt. In diesem Unfall starben 4 Personen.

    Das erste Urteil in dieser Sache fiel 2009, das Gericht verurteilte den Angeklagten zu 7 Jahren Gefängnis und einem 10-jährigem Verbot des Führens von Fahrzeugen. Aber Mariusz G. ging in Berufung, … Das Urteil ist identisch …

    Gazeta Wyborcza 27.11.2013

    Ab Samstag, dem 9. November ändern sich die Vorschriften für die Bestrafung von Radfahrern mit Promille im Blut. Bisher wurden über 0,5 Promille im Blut als Verbrechen geahndet. Dafür drohte Geldstrafe, Einschränkung der persönlichen Freiheiten (gesellschaftliche Arbeit) oder Freiheitsentzug bis zu einem Jahr. Die Gerichte erteilten auch ein Verbot des Führens von Fahrzeugen von einem bis zehn Jahre – gewöhnlich galt das sowohl für Fahrräder und mechanische Fahrzeuge. Und ein erneutes Führen eines Fahrrads oder anderen Fahrzeuges, trotz erteilten Verbots, war mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bedroht.

    rowerowe-porady.pl

    Zehntausend Gefangene sitzen ihre Strafen für das Fahren unter Alkoholeinfluß ab

    raportdrogowy.interia.pl 19.10.2013

    Resolution 1096 vom 27. Juni 1996

    Im Artikel „IPN do piachu“ (NIE 25/2012) zitiert die Autorin aus der Resolution 1096 vom 27. Juni 1996 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, nämlich:

    der Prozess der Lustration soll nicht später als bis zum 31. Dezember 1999 abgeschlossen sein, da sich das neue demokratische System bis zu diesem Zeitpunkt in allen ehemaligen Ländern des kommunistischen Regimes stabilisiert haben sollte.

    Lustration ist das, was IPN macht; IPN ist die polnische Ausgabe der BStU.